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TCE-Blog

08. April 2020 · Erfahrungsbericht

Essstörungstherapie in den Zeiten der Pandemie (Teil 1)

Wie Ihr angesichts unserer jüngsten Blogbeiträge schon mitbekommen habt, gehen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auch an uns nicht spurlos vorüber. In den letzten Wochen gab es eine ganze Reihe einschneidender Veränderungen: Die Patientinnen, die derzeit in unseren therapeutischen Wohngruppen leben, dürfen keinen Besuch mehr empfangen und nicht mehr an den Wochenenden nach Hause beurlaubt werden. Genau wie alle anderen Menschen in Bayern dürfen sie das TCE nur noch aus triftigem Grund verlassen, dazu gehören Spaziergänge und – für die Patientinnen der Stabilisierungsphase – das gelegentliche Einkaufen von Lebensmitteln. Dieses haben wir nicht vollständig ausgesetzt, da es für unsere Patientinnen im fortgeschrittenen Stadium der Therapie wichtig ist, regelmäßig Lebensmitteleinkäufe zu üben. Die Patientinnen der Intensivphase hingegen werden vollumfänglich von uns versorgt. Hier müssen die ersten Schritte der selbstständigen Versorgung zugunsten der Gesundheitsfürsorge zurückstehen.

Die Alltagserprobung der Stabilisierungsphase liegt ebenfalls auf Eis. Die Schulen sind geschlossen, und unsere Patientinnen dürfen nicht mehr ins Praktikum, ins Studium, in die Ausbildungsstätte oder zu ihrem Nebenjob. Alle WG-Bewohnerinnen verbringen ihre Zeit fast ausschließlich im TCE. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass das keine einfache Situation ist. So mancher Lagerkoller ist da vorprogrammiert. Um dem zu begegnen, versuchen wir die Therapie so normal wie möglich weiterlaufen zu lassen, achten aber natürlich auf die erforderliche Händehygiene und die Sicherheitsabstände, insbesondere zwischen den Teammitgliedern und den Bewohnerinnen. Und wir haben uns bemüht, möglichst viele zusätzliche Angebote auf die Beine zu stellen, damit unseren Patientinnen die Zeit nicht zu lang wird. Anstelle der Bewegungstherapie in der Gruppe, bei der die nötigen Sicherheitsabstände nicht gewahrt werden könnten, bietet unsere Bewegungstherapeutin kleine, individuell abgestimmte Bewegungseinheiten für je zwei Teilnehmerinnen an. Wir haben unser Angebot an kunsttherapeutischen Einzelsitzungen erhöht und zusätzlich eine Gruppe ins Leben gerufen, in deren Rahmen die Patientinnen aus bunten Stoffresten Masken für Mund und Nase nähen können (eine Anleitung hierfür findet Ihr auf der Homepage des Klinikums Dritter Orden). Unsere Ernährungstherapeutinnen unterstützen die Patientinnen vermehrt beim Kochen fürs Abendessen, und für Ostern haben wir ebenfalls einige zusätzliche Angebote auf dem Programm, unter anderem einen Kunstworkshop und einen Workshop „Atem – Körper – Stimme" mit Klangentspannung und anschließendem Singkreis. All diese Veranstaltungen finden im großen Gruppenraum im Erdgeschoss statt, dessen Trennwand wir geöffnet haben, sodass ausreichende Sicherheitsabstände gewährleistet sind. Bei schönem Wetter öffnen wir auch durchgehend die Terrassentüren, um Licht und Luft hereinzulassen.

Was gerade in diesen Tagen ganz besonders zählt, ist der Gemeinschaftsgeist am TCE. Denn so schwierig es auch sein mag, tagein, tagaus mit denselben Menschen unter einem Dach zu leben, so ist es für unsere Patientinnen doch auch ein Vorteil, dass sie in eine größere Gemeinschaft eingebunden sind. Alle Bewohnerinnen unterstützen sich gegenseitig, stehen einander mit Rat und Tat, mit guten Ideen und Anregungen zur Seite und bewältigen diese schwierige Zeit gemeinsam. Auch wir Teammitglieder sind froh und dankbar, unsere Patientinnen in dieser Zeit begleiten zu können. Und wir alle hoffen, dass sich die Pandemie durch die aktuellen Maßnahmen rasch und wirksam eindämmen lässt. Euch allen die besten Wünsche für die kommende Zeit, vor allem wünschen wir Euch Gesundheit, Mut und Durchhaltevermögen!

 

 

 

 

Bildnachweis: TCE/Christin Büttner

Über die Autorin

Dr. Karin Lachenmeir ist Psychologische Psychotherapeutin und seit 2002 im TCE tätig, seit 2008 als Leiterin der Einrichtung. Sie ist approbierte Verhaltenstherapeutin und hat Weiterbildungen in Körpertherapie und Systemischer Beratung absolviert. Seit 2011 ist sie zudem als Dozentin und Supervisorin für verschiedene Münchner Weiterbildungsinstitute tätig. Am TCE hat sie die Verantwortung für alle personellen, organisatorischen und fachlichen Fragen. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten lesend oder schreibend, auf ausgedehnten Spaziergängen, im Kino, im Theater oder auf Reisen.