Nach oben
Für Dein Leben ohne Essstörung.
?

Online – im Chat mit der Esstörung

Erfahre mehr über die Essstörung
in unserem Blog >

TCE-Blog

17. Juli 2019 · Erfahrungsbericht

30 Jahre TCE – Ein Bericht über unser Jubiläumssommerfest

30 Jahre TCE – Unter diesem Motto stand das diesjährige Sommerfest, zu dem am Freitag, 5. Juli 2019 neben dem TCE-Team und den aktuellen Patientinnen auch deren Angehörige sowie ehemalige Patienten und Teammitglieder herzlich eingeladen waren.
Nach der Begrüßung durch Frau Lachenmaier animierten Herr Winzinger und Frau Bronnhuber die Besucher sogleich zum „Kennenlernspiel": In zugelosten, bunt zusammengewürfelten Dreiergruppen sollten über den Abend verteilt gemeinsame Erinnerungsbeiträge über das TCE verfasst und im Jubiläums-LIB verewigt werden. Nachdem das Eis gebrochen und anfängliche Startschwierigkeiten („Ich bin aber echt nicht kreativ!") überwunden waren, entwickelte sich daraus ein angeregter Austausch über einen Ort, der uns alle - egal ob Patient, Angehöriger oder Teammitglied - in irgendeiner Weise verändert und geprägt hatte. Wir erfuhren, dass auch die unterschiedlichsten TCE-Generationen durch ganz ähnliche Erfahrungen und Erinnerungen an ihre Zeit hier miteinander verbunden waren, was spannende Begegnungen zwischen anfangs fremden Menschen entstehen ließ.

Ganz im Sinne des Jubiläumsmottos sollte am Ende des Festes außerdem eine Zeitkapsel vergraben werden, die erst in 30 Jahren ausgegraben und wieder geöffnet werden soll. Diese Kapsel konnten die Gäste mit Wünschen und Botschaften an zukünftige Patienten und Mitglieder des TCE–Teams füllen. Als ich an diesem Abend meine Nachricht für die Kapsel verfasst habe, versuchte ich mir vorzustellen, wo ich selbst wohl in 30 Jahren stehen würde. Dabei schweifte mein Blick zum Nachbartisch. Dort saß eine Ehemaligengruppe, eine der ersten TCE-Patientengruppen, die sich ausgelassen unterhielt und befreit miteinander lachte. Sie erzählten, dass sie inzwischen eigene Kinder und Familien hätten, mit beiden Beinen im Leben stünden und sich gerne an ihre Zeit am TCE zurückerinnerten. Zu Beginn meines Aufenthaltes wäre so ein Bild für mich schier unvorstellbar gewesen. Jetzt, sechs Monate später, habe ich mehr als einmal gespürt, wie Hoffnung und Lebensfreude hier wieder zu wachsen beginnen und dass uns der Sprung zurück ins Leben tatsächlich gelingen kann. Also eigentlich gar nicht so utopisch, dass wir in 30 Jahren genauso an diesem Tisch sitzen würden.

Neben den Therapeuten hatten aber auch wir Patientinnen uns im Vorhinein überlegt, wie wir den Abend mitgestalten und dem Sommerfest unsere persönliche Note verpassen könnten. Nach dem Essen steuerten wir daher unseren – zugegeben ausschließlich musikalischen – Teil zum Abendprogramm bei. Den Anfang machte dabei eine Patientin, die an ihrem letzten Tag im TCE unserer Schwester Nella zum Abschied ein Lied widmete, das wohl nicht nur ihr, sondern allen Besuchern noch lange in berührender Erinnerung bleiben wird. Nur von ihrer Gitarre und einer weiteren ehemaligen Patientin begleitet, gab sie mit diesem Lied einen Einblick in die aufregende Zeit des Umbruchs, die wir alle nur zu gut kannten. So hatte doch jeder, der hier mal Patient war, diese Zeit entweder bereits durchlebt oder noch vor sich und konnte ganz genau nachfühlen, welche ganz persönliche Bedeutung der Text für sie hatte.

Nachdem die dadurch verursachten Tränen wieder getrocknet waren, folgte nach einer kurzen Verschnaufpause auch schon der nächste musikalische Höhepunkt: Gemeinsam hatten wir Patientinnen in den letzten Wochen an einem TCE Song gefeilt, der an diesem Abend seine (wohlverdient) umjubelte Premiere feierte. Darin erzählten wir dem Publikum von den Menschen, die uns – jeder auf seine Art – auf unserem Genesungsweg unterstützen: Von den Therapeuten, deren Repertoire von einer von Selbstmitgefühl predigenden Hand auf dem Herzen bis zum erbarmungslosen, aber gut gemeinten Tritt in den Hintern reicht; von den Schwestern, die uns Tag für Tag bedingungslos auffangen und uns mit vollem Herzblut unterstützen und von den Praktikantinnen, die unsere von den Ernährungstherapeuten verordneten Süßigkeiten am liebsten für sich selbst beanspruchen würden. Und wenn in den Strophen auch die ein oder andere Eigenart der Teammitglieder auf die Schippe genommen wurde, war wohl allen klar, wie die einfache Botschaft dahinter lautete: Danke.

Danach folgte ein fröhliches Beisammensitzen in lockerer Atmosphäre, bei dem alte Kontakte wiederbelebt und neue Freundschaften geknüpft wurden. Als unsere Zeitkapsel schließlich vergraben war und sich die Gäste verabschiedet hatten, saßen wir Patientinnen wie so oft in den letzten Tagen noch beisammen, um den lauen Sommerabend zu genießen, unseren Gedanken nachzuhängen und die verschiedenen Eindrücke und Begegnungen des Abends Revue passieren zu lassen. Schon merkwürdig, wie in einer Klinik immer wieder ein Vorgeschmack auf das bunte Leben spürbar wird, das vor dieser Tür auf jeden von uns wartet. Und das liegt nicht nur an der Therapie, sondern vor allem an all den unterschiedlichen Menschen, die hier zusammenkommen. Sie alle bilden eine Gemeinschaft, die uns solange trägt und die wir so lange mittragen, bis wir den Absprung schaffen und wieder auf eigenen Beinen sicher landen, stehen und weitergehen können. Hoffentlich tut sie das auch noch in 30 Jahren. Und hoffentlich bringt sie auch noch in 30 Jahren ihre Patienten dazu, ein Lied über diesen Ort zu dichten, das sie zum gemeinsamen Singen, Lachen und Tanzen animiert. Mir schießt die letzte Zeile unseres TCE- Liedes durch den Kopf: TCE, oh TCE, mei is des schee...

 

 

Über die Autorin

Laura, 24 Jahre, derzeit in der Stablisierungsphase